Ein Wochenend-Getaway im Dachsteingebirge

Für mich sind die Berge im Laufe der Jahre viel mehr geworden, als nur eine Möglichkeit zur sportlichen Betätigung mit anschließender Belohnung durch schöne Ausblicke und Hütten-Kaiserschmarren. Zugegeben, es war mal so. Ich komme aus einer unsportlichen Familie und habe mir meine heutige Sportlichkeit ab Mitte 20 hart erarbeitet bis ich zu einem Punkt gekommen bin, an ich wusste, dass mir Bewegung nicht nur gut tut (und inzwischen nötig ist, Happy 40+!), sondern dass ich sie für meine mentale Gesundheit und meine Lebensfreude einfach brauche! Das kann ein Lauf sein oder eine gute Gym-Session – aber nichts ist vergleichbar mit den Bergen. Am Ende eines Bergtages kommt für mich immer deutlich mehr Energie heraus, als ich körperlich eingesetzt habe. Mir könnte man das Bergwandern auf Rezept verschreiben.

Nun gut, vor eineinhalb Wochen war es wieder soweit. Ich habe angefangen, hier im Flachland Kreise zu drehen wie ein in einen zu kleinen Käfig gesperrtes Tier. Also: Wanderführer gewälzt, Langzeit-Wetterprognosen geschaut und gehofft, dass es schön wird – und gebucht!

Ein Wochenende im Guttenberghaus im Ramsau am Dachstein

Das Guttenberghaus hatte ich schon für einen geplanten Wanderurlaub im Juli ins Auge gefasst – der dann buchstäblich ins Wasser gefallen ist, dank der langen Schlechtwetterphase, die wir dieses Jahr hatten. Also war die Entscheidung für meinen Wochenendausflug leicht getroffen, das hatte ich schließlich alles schon mal geplant. Es ist die höchstgelegenste Alpenvereinshütte in der Steiermark (2.146 m) und liegt, eingerahmt von Sinabell und Eselstein, nördlich von Ramsau am Dachstein. Wunderschön gelegen, urig und gemütlich – genauso, wie man es sich vorstellt und wünscht.

Am Freitag wollte ich fahren, am Montag davor habe ich gebucht – und habe für das Wochenende die letzten beiden Plätze in einem kleinen Lager ergattert. Wer in einer Gruppe unterwegs ist, muss sich den Ausflug dorthin deutlich früher überlegen – da muss man grade für die Hauptsaison Wochen vorher dran sein, was mir andere Gäste so erzählt haben (und dann wirklich den Wettergott um gutes Wetter anflehen). Halbpension (regulär oder vegetarisch) kann man gleich bei der Buchung mitbestellen, aber vor Ort à la carte zu bestellen ist natürlich auch möglich.

Nun gut, diesmal war ich von meiner Weitwanderung in Südtirol schon geübt in Sachen Packen (meine Packliste findet ihr unterhalb des Berichts), also ging das schnell und easy, und los ging’s.

Tag 1: Aufstieg zum Guttenberghaus von Ramsau

Dauer: 2:10 h | Distanz: 5,47 km | Aufstieg: 1.020 hm
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Gegen 13 Uhr komme ich am Parkplatz Feisterer in Ramsau am Dachstein an. Bei Nebel. Zum Glück regnet es zumindest nicht mehr, seit dem Bosrucktunnel hat es die halbe Strecke bis hierher geschüttet. Aber das Wetter ist für heute schlecht angesagt, es soll noch ordentlich regnen und sogar gewittern. Vor mir liegen über 1.000 Höhenmeter, und ich weiß, dass ich diese mit Speed zurücklegen will um möglichst wenig abzukriegen, auch wenn ich natürlich mit Softshelljacke, Regenponcho & Co. ausgerüstet bin.

Am Parkplatz kann man für beliebig viele Tage mit Münzen oder mit Bankomatkarte bezahlen – sehr praktisch (4 Euro pro angefangenem Tag). Ich schultere meinen Rucksack und werfe einen Blick hinauf zur Scharte, durch die ich hochgehen will – und sehe natürlich genau gar nichts, dichte Wolken hängen bis weit herunter.

Die Strecke ist ziemlich genau bis zur Hälfte leicht (Forststraße), aber von Anfang an knackig-steil. War zu erwarten bei der kurzen Distanz, die so schnell Höhe machen soll. Gemütlich eingehen ist nicht angesagt, der hohe Puls ist in Kauf genommen. Nach 300 Höhenmetern kommt man zur schön gelegenen Lärchbodenalm. Ein netter Ausflug für die ganze Familie, hierher schafft man es sogar mit einem sportlichen Kinderwagen. Ponys stehen auf der Weide davor – eine tolle Unterbrechung für einen Kaffee beim Aufstieg. Mich treibt aber die Angst vor dem angesagten Wetter, und ich eile weiter bergauf.

Nach einer Stunde habe ich knappe 500 Höhenmeter hinter mir auf der durchgehend steilen aber langweiligen Forststraße. Hier beginnt die Materialseilbahn zum Guttenberghaus, die Forststraße endet, der Wanderweg fängt an. Die Wanderung, die mit blau gekennzeichnet ist, wird hier (nach meiner Definition) zu einem roten Wanderweg, das ist aber nirgendwo so angegeben (und die sehr knackige Kennzeichnung von blauen bzw. roten Wanderwegen wird mich an diesem Wochenende noch beschäftigen).

Ich stapfe weiter, es beginnt zu drizzeln, und hin und wieder zieht der eiskalte Wind durch. Für meinen Poncho ist es mir zu wenig nass, aber ohne Jacke über dem langärmeligen Wandershirt geht es nicht mehr. Hin und wieder lichtet sich der Nebel so weit, dass ich zumindest erahnen kann, dass es hier bei Sonnenschein wirklich schön ist, aber viel sehe ich nicht, und am Tiefkar ist meine Laune nicht mehr die Beste, ich habe keine Lust mehr. Zum Glück sehe ich von hier aus schon über mir das Tagesziel, und so werden auch die letzten 250 Höhenmeter noch überwunden.

Die schöne Hütte begeistert mich – schnell hinein und einchecken! Ich ergattere ein Einzelbett in einem Zimmer mit 5 Lagerbetten. Nach einer Katzenwäsche (um diese Jahreszeit auf dieser Höhe habe ich keine Duschmöglichkeiten mehr erwartet, deshalb muss ein Waschlappen aushelfen), mache ich es mir in der Stube mit meinem e-Book Reader bei Apfelstrudel, Kaffee und dann einem Glühwein (zum Aufwärmen – ja, es hilft) gemütlich. Dass ich beim Aufstieg Tempo gemacht habe, zahlt sich aus – es beginnt eine halbe Stunde nach meiner Ankunft stark zu regnen und zu stürmen, und später sehe ich den ersten Schnee des Jahres fallen.
Das Abendessen startet um 18 Uhr, ich sitze mit einer 3er Gruppe von Damen um die 60 am Tisch und habe viel Spaß beim Zuhören und manchmal beim Mitplaudern. Ich habe die vegetarische Halbpension, für mich gibt es eine Frittatensuppe, würzig gebratenen Reis und als Nachspeise eine Crème Brûlée, die anderen bekommen als Hauptspeise Wiener Schnitzel mit Kartoffeln. Nach dem Essen adoptiert mich ein sehr nettes deutsches Ehepaar und setzt sich zum Ratschen zu mir. Wir reden über unsere gemeinsame Liebe zu Südtirol – bis ich um 20 Uhr einknicke. Der lange Vorabend (sehr lustiges und spätes Abendessen mit Freunden), das frühe Aufstehen und der anstrengende Aufstieg fordern ihren Tribut, und ich verziehe mich ins Bett.

Tag 2: Auf die Scheuchenspitze und den Sinabell

Vom Guttenberghaus über das Gruberkar bis knapp unter dem Gipfel der Scheuchenspitze:
Dauer: 2:45 h | Distanz: 6,35 km | Aufstieg: 620 m | Abstieg: 620 m
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Vom Guttenberghaus über die Feistererscharte auf den Sinabell:
Dauer: 1:04 h | Distanz: 2 km | Aufstieg: 200 m | Abstieg: 200 m
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Heute stehen für mich nur Tagestouren an, d.h. ich habe in der Früh nach einer halb durchwachten Nacht (leider schlafe ich praktisch nirgends gut) sehr stressfrei das Frühstück genossen. Das in der Halbpension inkludierte Buffet umfasst Heißgetränke, Wasser und Apfelsaft, Brot, Wurst, Käse, Joghurt, Milch, Müsli, Marmelade, Honig und Erdnussbutter (wie cool – Jelly Peanut Butter Sandwich für mich!). Auch danach lasse ich mir Zeit und breche erst auf, als das Haus schon wieder leer ist, weil alle weitergezogen sind.

Der Tag startet bei strahlendem Sonnenschein, und endlich sehe ich, wie wunderschön das Guttenberghaus gelegen ist. In der Früh um 7 hat es knackige 3 Grad, und vom Vortag liegt noch etwas Schnee, der sich aber schnell verziehen wird.

Für mich geht es von der Hütte westwärts zur Gruberscharte. Der Weg ist als leicht gekennzeichnet, es gibt aber ein paar Stellen, die mich nicht gerade glücklich machen, eine davon ist seilversichert. Trittsicher sollte man schon sein, und das bin ich, gekennzeichnet vom Schlafmangel, definitiv noch nicht. Zusammen mit anderen Wanderern komme ich aber gut und schnaufend auf der Gruberscharte an und habe einen fantastischen Blick. Von hier startet der Klettersteig auf die Scheuchenspitze, aber allein der Anblick lässt mich zittern. Auf mich wartet der Normalweg hinauf. Eine bizarre Mondlandschaft eröffnet sich vor mir in einem Kar, in das ich hinabsteige. Unten wende ich mich nach Westen (links) und durchquere diese Landschaft Richtung Scheuchenspitze, die schon über mir aufragt. Beim nächsten Wegweiser wende ich mich nach Süden. Die Scheuchenspitze ist nicht angeschrieben, aber der Weg, der sich im Zickzack den Berg hinaufwindet, ist nicht zu übersehen.


Der Normalweg auf diesen Berg ist mittelschwer und führt über sehr viel Geröll – und Schnee. Je weiter ich nach oben komme, desto mehr Schnee liegt, und irgendwann stapfe ich durch knöcheltiefen Schnee auf Geröll und werde mit jedem Schritt unsicherer, bis ich 100 Meter unter dem Gipfel beschließe aufzugeben. Wäre ich mit bergerfahrener Begleitung unterwegs – ich würde weitergehen, so aber verlässt mich der Mut, und wenn das passiert werde ich wackelig und kriege mit jedem Schritt mehr Angst, also lasse ich es. Mein immer präsenter Ehrgeiz ist zum Glück nur auf mein Aufstiegstempo fixiert, nicht darauf, mich über mein eigenes Limit hinauszuschieben. Beim Abstieg kommt mir eine Gruppe von fünf Männern entgegen, die natürlich problemlos hinaufstapfen und schon längst am Gipfel stehen, als ich wieder unten beim Wegweiser ankomme. Was soll’s, dann sieht mich das Gipfelkreuz des „Scheichen“ eben nicht, und ich gehe die gleiche Strecke zurück zum Guttenberghaus. Am Rückweg bin ich schon gut eingegangen, und die Passagen, die mich zuvor beängstigt haben, fallen mir beim Rückweg nicht mal mehr auf.

Nach einer herrlichen Kaspressknödelsuppe beschließe ich, den Nachmittag noch für eine zweite Runde zu nützen und den Hausberg, den Sinabell, in Angriff zu nehmen, der weder von der Distanz noch vom Höhenunterschied von hier aus ein Hindernis darstellt.
Hinter dem Guttenberghaus geht es hinauf zur Feistererscharte. Ich sehe eine Seilversicherung vor mir und überlege schon wieder, ob ich das wirklich machen soll. Ich befrage mir entgegenkommende Wanderer, die mir aber versichern, dass diese Stelle wirklich nicht schwierig ist, und sie haben recht: Beim ersten Schritt ziehe ich mich am Seil hoch, danach brauche ich die Seilversicherung nicht mal, man kann dort ganz normal hinaufgehen und ist nach steilem Weg rasch auf der Scharte mit tollem Blick auf das Dachsteinplateau Richtung Norden. Von dort ist es ein Katzensprung auf den Sinabell, es geht über eine steinige Almwiese auf dem Bergrücken nach oben, wo das absolute Panoramaglück wartet. WOW – was für eine Aussicht! 💛 Es sind viele Paragleiter unterwegs, und als ehemalige Pilotin sehe ich ihnen sehnsüchtig zu und nehme mir zum X-ten Mal vor, endlich wieder damit anzufangen.

Parnoramabild Dachsteinplateau

Zurück beim Guttenberghaus beschließe ich den Tag damit, von der sonnigen Terrasse aus mit einem alkoholfreien Weizenbier den Kletterern zuzusehen, die sich den Sinabell-Klettersteig (C) hinaufhanteln. Brrr, nix für mich. Aber wir sind hier im Klettersteig-Paradies, viele der anwesenden Gäste sind Klettersteig-Geher.

Zum Abendessen gibt es für mich die gleiche Hauptspeise wie gestern – soviel zur vegetarischen Halbpension! 😅 Zum Glück war/ist sie gut, aber hätte ich das gewusst, hätte ich ab dem zweiten Tag die normale HP geordert, schließlich bin ich ja nur Flexitarierin und habe kein Problem mit ein bisschen Fleisch.

Tag 3: Abstieg vom Guttenberghaus über Silberkarsee und Silberkarklamm

Dauer: 4:00 Stunden | Distanz: 9 km | Aufstieg: 260 hm | Abstieg: 1.420 hm
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Sonntag bricht an und damit mein Abschied vom Berg. Nach dem Frühstück packe ich meine sieben Zwetschken zusammen und breche auf. Nachdem ich jetzt drei Tage hintereinander kaum geschlafen habe, bin ich ziemlich übermüdet und steige mit leichtem Kopfweh auf die Feistererscharte auf, gleich wie am Vortag.

Heute wende ich mich nicht nach Osten Richtung Sinabell, sondern nach Norden Richtung Gjaidalm. Vor mir liegt das Dachsteinplateau, und ich freue mich auf einen gemütlichen Wanderspaziergang bis zur Abzweigung Richtung Silberkarsee.
Tja, denkste. Über Felsen geht es auf und ab, zum Teil mit Seilversicherungen. Keine großen Schwierigkeiten, aber wir sind sehr weit vom erwarteten „Spaziergang“ entfernt.
Dennoch – ich freue mich total über die einzigartige Landschaft und fühle mich wie Frodo und Sam aus Herr der Ringe, als sie mit Gollum durch die Emyn Muil ziehen (Lord of the Rings Nerd hier! 🙋‍♀️), denn genauso sieht es aus und fühlt sich auch so an. Nachdem ich eine Altherrengruppe überholt habe, bin ich alleine auf weiter Flur und ergehe mich in meinem persönlichen LotR-Abenteuer.

So komme ich zur Abzweigung Richtung Silberkarsee, der Weg dorthin ist mit blau markiert, also eine leichte Wanderung. Und hier möchte ich mich kurz aufregen, dann der Abstieg zum Silberkarsee ist viel, aber einfach ist diese Wanderung nicht.
Die Definition des Deutschen Alpenvereins lautet wie folgt: „Einfache Bergwege (blau, T2) sind überwiegend schmal, können steil angelegt sein und weisen keine absturzgefährlichen Passagen auf.“
Zugegeben, wenn man es rein per definitionem betrachtet, kommt das hin. ABER: Wenn ich die Einstufung dieses Weges mit der Farbkennzeichnung aller anderen Wanderwege vergleiche, die ich kenne, sind wir hier eindeutig bei rot und nicht bei blau. Denn es geht wirklich steil den Berg hinab, immer wieder braucht man die Hände dazu, es ist mühselig, anstrengend, voller Kies und Geröll und stellenweise rutschig. Die Aussicht hinunter in die Schlucht mit Blick auf den See entschädigt etwas für den mühsamen Abstieg, aber wer eine leichte Wanderung erwartet, wird hier keine finden.

Nach der mühseligen Kraxelei erreiche ich nach einer knappen Stunde den See in einem kleinen Tal. Er ist wunderschön gefärbt und wimmelt vor Kaulquappen und frischgeschlüpften kleinen Fröschen. Die Idee, eine Runde schwimmen zu gehen, verwerfe ich wieder – ich habe noch einen langen Abstieg vor mir und bin jetzt schon erschöpft, und zunächst geht es gleich wieder steil hinauf, um aus dem Silberkarsee-Tal herauszukommen. Hier finde ich den nächsten Wegweiser, der eine Wegzeit von einer Viertelstunde zur Stanglalm ausweist, wo ich eine Rast einlegen will.

Angekommen bei der Stanglalm stelle ich fest: Die ist zwar geöffnet – das Radio spielt und es brennt Licht – aber es ist niemand da. Ich setze mich auf eine der Bänke vor der Hütte und mache 10 Minuten Pause in der Hoffnung, dass der Hüttenwirt/die Hüttenwirtin auftauchen, aber vergebens. Also futtere ich einen kleinen Snack aus meinem Vorrat und gehe weiter. Die nächste Hütte am Weg ist die Silberkarhütte rund 600 Höhenmeter unter mir, die nicht mehr weit vom Ende der Wanderung entfernt ist. Es hilft mir nichts, los geht’s.
Der Abstieg ist, gelinde gesagt, zach. Ohne technische Schwierigkeiten, aber steil und schottrig, dadurch rutscht man leicht. Ich bin wirklich müde, und mir gehen langsam die Kräfte aus, daher bin ich rasch in Endzeitstimmung. Wie immer, wenn ich erschöpft bin, kommt mir meine Trittsicherheit abhanden und ich werde unsicher, damit gestaltet sich der steile Weg nach unten nicht besser.

Eine gefühlte Ewigkeit später (etwa eine Stunde) erreiche ich endlich mit zitternden Oberschenkeln und schmerzenden Knien nach insgesamt knappen 1.400 Höhenmetern Abstieg die Silberkarhütte. Ich lasse mich an einem Tisch nieder. Ich bin ehrlich am Ende und schaufle mir einen Kaiserschmarren in die Figur in der Hoffnung, dass mich der Zuckerschock noch die letzten 30 Minuten abwärts bis zur Busstation bringt. Highlight: Hier gibt es hausgemachte Buttermilch mit Früchten, das LIEBE ich, und sie entschädigt mich ein wenig für die gefühlte Nahtoderfahrung, die ich eben gemacht habe.

45 Minuten und 1.000 Kalorien später schultere ich meinen Rucksack und gebe mein Bestes, um nicht wie eine 80-Jährige die gut gefüllte Sonnenterrasse zu verlassen. Nach einer Dehnungs-Session für meine Oberschenkelmuskulatur fühle ich mich für die Silberkarklamm gewappnet, und dieser letzte Abschnitt meiner heutigen Tour entschädigt mich etwas für die vorausgegangenen Mühsalen. Zuerst gehe ich durch das derzeit trockene Bachbett abwärts, bis ich zum Wasserfall komme. Ab hier geht es über schmale Wege, steile Treppen und Bretter mit Sprossen abwärts. Wer Höhen- oder Fallangst hat wird in der Silberkarklamm seinen Adrenalinrausch bekommen, mir ist durchaus etwas mulmig zumute, als ich über die tosenden Wasserstürze gehe. Es ist beeindruckend schön hier, ich habe aber nicht mehr die Nerven oder die Geduld mich länger aufzuhalten, bleibe nur immer wieder kurz stehen um Fotos zu machen.

Am Ausgang der Klamm zahle ich die Klammerhaltungsgebühr (4,50 Euro) und frage, wann der nächste Bus geht. Antwort: in vier Minuten. Wie lange gehe ich bis zur Bushaltestelle? Antwort: zehn Minuten.
Meine letzten Kraftreserven zusammenraffend, schultere ich meinen Rucksack und renne den langen Parkplatz bergab zur Bushaltestelle. Ich verpasse den Bus um zwei Minuten. Der nächste geht in eineinhalb Stunden. Kurz davor, mich heulend auf die Straße zu setzen, beruhige ich mich beim Kraulen einer bereitwillig hingehaltenen Pferdenase, die mir über den Zaun hinter der Bushaltestelle auffordernd entgegengestreckt wird. Ich beuge mich meinem Schicksal und gehe runter zur Bundesstraße, von dort wende ich mich Richtung Ramsau. Google Maps sagt 3,8 Kilometer und eine Stunde Wegzeit. No way. Zum ersten Mal in meinem Leben stoppe ich ein Auto. Eine Einheimische hält an und lässt mich einsteigen. Ich bitte sie, mich einfach 3 Kilometer weiter an der Abzweigung aussteigen zu lassen, aber sie besteht darauf, mich bis zum Parkplatz Feisterer zu fahren. Ich bedanke mich tausendmal bei der netten Dame, meine Knie halten sie für eine Heilige, und ich bin geneigt, mich ihrer Meinung abzuschließen.
Sollte sie das jemals lesen: Auch an dieser Stelle nochmals vielen herzlichen Dank! ❤

Fazit meines Wanderwochenendes

Mein Ausflug hat sich insofern voll gelohnt, als ich wie gewünscht meinen Kopf dank Bergluft und körperlicher Ertüchtigung wieder komplett frei bekommen habe. Gib mir ein bisschen Aufstiegsschweiß und einen tollen Ausblick von oben, und ich bin zufrieden.
Mein Reiseziel habe ich nicht ganz für mich passend ausgewählt. Versiertere Bergsteiger*innen und vor allem Liebhaber*innen von Klettersteigen werden am Guttenberghaus und in seiner Umgebung aber ihre helle Freude haben, und ich werde beim nächsten Ausflug in Österreich wieder etwas weiter unterhalb der hochalpinen Zone bleiben bzw. wieder nach Südtirol fahren, wo auf dieser Höhe noch sanfte Almwiesen liegen.
Übrigens sollte man beim Aufstieg zum Guttenberghaus sowohl vom Parkplatz Feisterer als auch von der Silberkar-Seite her die heißeste Zeit des Tages im Sommer unbedingt vermeiden. Beide Strecken sind südseitig ausgerichtet, felsig und bieten kaum Schatten. Frühes Losgehen ist auf jeden Fall angeraten.

Die Packliste für mein Bergwochenende

Hier wieder meine Packliste, ich hoffe, sie ist euch als Ausgangsbasis eine Hilfe. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

  • Wanderrucksack 30 + 10 Liter mit Trinksystem
  • Bergschuhe, Wanderstöcke, Goretex-Bergschuhe und eine lange, robuste Wanderhose
  • Kleidung, verpackt in zwei Packsäcke für Ordnung im Rucksack:
    • ein zusätzliches langärmeliges Wandershirt (zusätzlich zu dem, das ich anhabe), zwei weitere kurzärmelige
    • eine Softshell-Jacke
    • zwei zusätzliche Sport-BHs und Unterwäsche
    • ein Fleece-Pulli und eine Leggings für die Hütte
  • Waschzeug:
    • ein mittelgroßes Microfaser-Handtuch
    • Waschlappen (bitte auf hoch gelegenen Hütten nicht automatisch eine Duschmöglichkeit erwarten)
    • Seife, Hautcreme, Zahnbürste, Mini-Zahnpasta, Mini-Deo, Haarbürste, Sonnencreme und die weiteren Dinge, die man für sein Wohlbefinden unbedingt benötigt
  • Hüttenschlapfen (hätte es aber auch zum Ausborgen gegeben)
  • Schlafmaske und Ohrenstöpsel
  • Sportuhr, Smartphone, Bargeld, Bankomatkarte, e-Card, Ausweis, Alpenvereins-Mitgliedskarte
  • e-Book Reader und In-Ear-Kopfhörer
  • Ladegerät
  • Zwei Portionen Proteinpulver als Frühstücksergänzung für mich
  • Sackerl für Schmutzwäsche
  • Kleine Müllsäcke
  • Regenponcho, der auch den Rucksack abdeckt
  • Baseball-Kappe, Multifunktions-Halsband, Stirnband

Und wohin fahrt ihr für ein Wochenende in den Bergen?

Ich freue mich auf Tipps für zwei- bis viertägige Touren aus eurem Erfahrungsschatz! ❤

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